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Blattläuse

Eins der bedeutendsten und bekanntesten Schadinsekten ist die Blattlaus. Nymphen und adulte Blattläuse können in großen Populationen an jungen Zuckerrüben zu finden sein. Sowohl die Nymphen als auch die erwachsenen Blattläuse entziehen den Zuckerrüben Nährstoffe und stören das Gleichgewicht der Wachstumshormone.

Infolgedessen leidet Beta vulgaris L. unter Wasserstress, Blattdeformation und reduzierter Wachstumsrate

Der größte Schaden, den Blattläuse auf Zuckerrübenfeldern anrichten, entsteht jedoch durch die Übertragung von Pflanzenviren.

Vor allem die Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) ist Überträger von Krankheiten, wie dem milden Rübenvergilbungsvirus (BMYV = beet mild yellowing virus), dem nekrotischen Rübenvergilbungsvirus (BYV = beet yellow virus), dem chlorotisches Rübenvirus (BCHV = beet chlorosis virus), sowie dem Rübenmosaikvirus (BtMV = beet mosaic virus) (Hossain et al., 2020). Die Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae) kann diese Virusarten auch übertragen, ihre Bedeutung als Virusüberträger ist aber gering, wichtiger bei Apis fabae ist der Saugschaden.

Derzeit ist das BYV in Mitteleuropa weit verbreitet, die Viren der Familien BMYV und BChv sind am Häufigsten im Norden und im Westen Europas zu finden. Das Potyvirus BtMV wird nur sporadisch nachgewiesen (Hossain et al, 2020).

Viruserkrankungen sind in der Regel auf das Phloem der Wirtspflanzen beschränkt (Reinbold et al., 2007).

In Deutschland sind das nekrotische Rübenvergilbungsvirus (BYV) und das milde Rübenvergilbungsvirus (BMYV) die verbreitesten Viren (Hossain et al., 2019). Beide sind häufig ertragslimitierende Faktoren im Zuckerrübenanbau (Lange, 1987; Makulska et al., 2008).

BYV und BMYV verursachen eine Abnahme der spezifischen Fläche reifer Blätter um ca. 20 % im Vergleich zu gesunden Zuckerrübenblättern (Koeijer, 1998).

Außerdem werden Wurzelmasse und Zuckergehalte der Zuckerrüben signifikant reduziert und der Gehalt an Verunreinigungen im Saft steigt (Stevens et al., 2003; Smithe und Hallsworth).

Das Risiko einer Virusinfektion der Zuckerrüben hängt von der Ausprägung der Blattlauspopulationen ab und wird vom Klima beeinflusst.

LEBENSZKLUS VON MYZUS PERSICAE

Die Grüne Pfirsichblattlaus Myzus persicae gilt als der Hauptvektor der Viren (BMYV). Nymphen sowie adulte Insekten sind in der Lage, das Virus zu übertragen. M.persicae ist insgesamt ein Überträger von 100 verschiedenen Viren.

Die Lebensdauer von M. persicae schwankt zwischen 16-17 Tagen und ihr Lebenszyklus beträgt weniger als einen Monat (Duarte et al, 2011).

M. persicae verbringt den Winter im Ei-Stadium auf der Rinde oder den Ästen von Pfirsich-, Pflaumen- und Apfelbäumen. Anfang April erscheinen die ersten Generationen von geflügelten Blattläusen, welche von Mai bis Juli auf sekundäre Wirtspflanzen wie z. B. die Zuckerrübe zu wandern beginnen.

Die Blattläuse haben einen komplexen Lebenszyklus. Bei ungeschlechtlicher Vermehrung am Anfang des Jahres schlüpfen die Nymphen, die jungen Blattläuse.

Diese beginnen sofort, den Saft der Wirtspflanzen, in diesem Fall der Zuckerrübe, zu saugen. Im Prozess des Saugens übertragen Sie die Viren an die Zuckerrübenpflanze. Die Saugschäden der Blattlaus sind wirtschaftlich gesehen zu vernachlässigen.

Im September fliegen die Weibchen von M.persicae zu Pfirsich- oder Pflaumenbäumen, um ihre Wintereier abzulegen (sexuelle Vermehrung). Hieraus schlüpft im Frühjahr die neue Generation Blattläuse, sodass ein neuer Befallszyklus startet. Studien haben gezeigt, dass sich hohe Sommertemperaturen negativ auf die Ausbreitungsfähigkeit der Art auswirken. (Fericean et al., 2011).

LEBENSZYKLUS VON APHIS FABAE

Die Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae) ist polyphag und ihr Lebenszyklus beinhaltet saisonale Wanderungen zwischen Sommer- und Winterwirtspflanzen (Fischer et al., 2005).

A.fabae ist in der Lage, mehr als 100 Pflanzenarten zu besiedeln, darunter auch Zuckerrüben. Im Frühjahr fliegen sie vom Hauptwirt (Holz) zum Nebenwirt (Krautpflanzen) und schlüpfen dort aus ihren Nymphen. Im Herbst kehrt A.fabae wieder auf den Hauptwirt zurück und bringt neue Generationen zur Welt.

WIE SICH DAS VIRUS VERBREITET

Das milde Rübenvergilbungsvirus (BMYV = beet mild yellowing virus)

Das milde Rübenvergilbungsvirus gehört zur Gattung der Poleroviren in der Familie der Luteoviridae. (Reinbold et al.,2007).

Die Poleroviren werden durch ihre Blattlaus-Vektoren persistierend übertragen. Bei der Nahrungsaufnahme an infizierten Pflanzen beladen sich die Blattläuse mit den sogenannten Poleroviren. Diese werden in den weiteren Prozessen der Nahrungsaufnahme verbreitet.

Das nekrotische Rübenvergilbungsvirus (BYV = beet yellow virus)

Das nekrotische Rübenvergilbungsvirus gehört zur Gattung Closteoviren in der Familie Closteroviridae. Die Übertragung von BYV ist semipersistent, d.h. Blattläuse, die BYV während des Fressens aufnehmen, können das Virus nur für einen begrenzten Zeitraum von einigen Stunden bis zu wenigen Tagen auf eine andere Pflanze übertragen.

SCHÄDEN UND SYMPTOME

Das BYV kommt weltweit vor und verursacht Reduktionen des Zuckerertrages von bis zu 60 %, wenn die Pflanzen bereits im Jugendstadium infiziert sind.

Eine BYV-Infektion kann der Rübenertrag der Zuckerrüben um bis zu 20 % reduzieren, begleitet durch eine bis zu 25 %-ige Verringerung der Zuckergehalte. Außerdem wird die Zuckerausbeute in der Fabrik durch eine Zunahme des Standard-Melasseverlustes herabgesetzt.

Das Virus verursacht eine Verringerung der Photosyntheseleistung der Zuckerrübenblätter, was zu einer allgemeinen Reduzierung des Pflanzenwachstums führt (Clover et al., 1999). Erste Symptome des Virus treten ungefähr 3 Wochen nach der Inokulation auf (Hossain., et al 2020).

BYV-Symptome erscheinen Ende Mai/Anfang Juni:

  • Die Vergilbung der Blätter, gefolgt von der Entwicklung von nekrotischem Gewebe
  • In einigen Fällen Blattverdickung
  • Die Blätter brechen leicht

Das BMYV kommt hauptsächlich in Europa vor und verursacht Reduzierungen der Zuckererträge um bis zu 35 % (Smithe und Hallsworth, 1990). Befallene Blätter betroffener Pflanzen weisen eine gelbliche Blattfläche von bis zu 35 % auf. (Koeijer & Werf, 1998). Erste Symptome treten etwa 3 Wochen nach der Inokulation auf (Hossain., et al 2020).

BWYV-Symptome erscheinen Ende Mai/Anfang Juni:

  • Obere Bereiche der Blätter erscheinen meist in einem gelb-orangen Farbton
  • Die Blätter brechen leicht

MAßNAHMEN ZUR SCHADENMINDERUNG

Das Auftreten und die Anzahl von Schadinsekten variieren stark von Jahr zu Jahr. Eine intensive Beobachtung der Pflanzenbestände ist daher die Grundlage für eine nachhaltige Kontrolle der Vergilbungsviren.

Im Jahr 2020 wurde der Rübenanbau erheblich durch die Vergilbungsviren beeinträchtigt, in einigen Rübenanbaugebieten erreichten die Ertragsverluste 30 %.Aus diesem Grund hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine bedingte Notfallzulassung für eine Insektizidbeize in der Rübenpille mit dem Neonicotinoid Thiamethoxam (Cruiser 600 FS) in einigen Starkbefallsregionen Deutschlands erteilt, die vom 01.01.2021 bis 30.04.2021 gültig ist.

Cruiser 600 FS ist ein Saatgutbehandlungsmittel für Zucker- und Futterrüben zur Bekämpfung bodenbürtiger Schädlinge sowie saugender und beißender Insekten, da es systemisch in die Pflanze aufgenommen wird.

Nach Aufnahme des Wirkstoffs durch die Schadinsekten wird im Nervensystem die Reizweiterleitung unterbunden. Die Zulassungen gelten für bestimmte Rübenanbaugebiete in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.

Bekämpfungsrichtwert / Schadschwelle vor Insektizideinsatz

  • Myzus persicae - 10 % befallene Pflanzen bis Juli.
  • Aphis fabae - 30% befallene Pflanzen vor dem Ende des Reihenschlusses und 50% befallene Pflanzen nach Reihenschluss

NATÜRLICHE FEINDE

Die biologische Kontrolle von landwirtschaftlichen Schädlingen durch natürliche Feinde ist eine Ökosystemdienstleistung von immensem wirtschaftlichem Wert, die allgemein als effiziente und umweltfreundliche Methode der Schädlingsbekämpfung angesehen wird (Elizalde et al., 2020).

Mehrere Insekten wie Marienkäfer, Schwebfliegen, Laufkäfer und Soldatenkäfer sind von entscheidender Bedeutung für die Begrenzung natürlicher Schädlinge einschließlich Blattlausarten.

Ein erwachsener weiblicher Marienkäfer kann bis zu 18 M.persicae /Tag verzehren und so die Ausbreitung des Virus auf Rübenfeldern reduzieren (Pervez & Omkar, 2004).

Entscheidend für den Erhalt der natürlichen Feinde ist der selektive Einsatz von Insektiziden, bei zu frühem oder zu intensivem Einsatz werden die natürlichen Gegenspieler außer Kraft gesetzt, was in einigen Fällen zu höheren Schäden durch Blattläuse in der behandelten Variante führt als sie in der Vergleichsparzelle komplett ohne Behandlung auftreten.

WAS KÖNNEN WIR TUN, UM DIE ZAHL DER NATÜRLICHEN FEINDE AUF UNSEREM LAND ZU ERHÖHEN?

Es gibt verschiedene Umweltmanagementtechniken, die nützliche Insektenpopulationen begünstigen. Zu diesen Techniken gehört das Habitat-Management: Hiermit werden die wichtigsten Voraussetzungen für das Überleben und die Vermehrung der nützlichen Insekten beobachtet, d. h. die Quantität und Qualität der verfügbaren Ressourcen wie z. B. Nahrung oder Nistplätze muss für die verschiedenen Populationen gegeben sein. Neben dem Angebot von Nistplätzen, beispielsweise durch Totholzhaufen  . Ebenso Artenvielfalt und Biodiversität stärken im Ackerbau durch mehrjährige selbstbegrünte oder angesäte Ackerbrache auch Wildbrach. Breite von mindestens 20 m, als Streifen oder Fläche; Möglichkeit der Selbstbegrünung z.B Haftdolde, Acker-Schwarzkümmel, muss auch bei der Planung der Pflanzenschutzmaßnahmen die mögliche Beeinflussung der Nützlinge gegen die betriebliche Notwendigkeit des Pflanzenschutzeinsatzes abgewogen werden.